
Bundestagswahl 2021: Themen des Handwerks
Was das Handwerk von den Hamburger Bundestagskandidaten erwarten kann
Auch nach der Bundestagswahl stellt sich für Handwerksbetriebe die Frage, ob die Parteien die besonderen Anliegen des Wirtschaftszweigs im Auge haben und welche diesbezüglichen Lösungen angeboten werden.
Die Handwerkskammer hat acht Themen ausgewählt, die den Handwerksbetrieben gegenwärtig besonders am Herzen liegen, und entsprechende Fragen an die derzeit im deutschen Bundestag vertretenen Parteien und die Hamburger Spitzenkandidaten gerichtet.
Hier sind ihre nach Themen geordneten Antworten.
Kontakt in der Handwerkskammer:
Berufliche Bildung
Attraktivität und Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung sichtbar machen und steigern
Der Trend zum Studium ist ungebrochen, während die berufliche Bildung auch im Handwerk durch Corona zusätzlich unter Druck gerät – obwohl unser Wohlstand wesentlich auf der Leistung der beruflich Qualifizierten beruht.
Eine verbindliche wechselseitige Anrechenbarkeit beruflicher und akademischer Kompetenzen und eine Bundeskampagne für Berufsorientierung und Berufsbildung würde die Gleichwertigkeit der beruflichen gegenüber der akademischen Bildung stärken. Damit auch in Klein- und Kleinstbetrieben des Handwerks eine gute Ausbildungsqualität aufrechterhalten werden kann, braucht es außerdem geförderte Qualitätsberater in den Ausbildungsabteilungen der Handwerkskammern und eine Verstetigung des Mentorenprogramms VerA zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen.
Was kann das Handwerk hier von Ihrer Partei erwarten?
Für die FDP sind die berufliche und akademische Bildung gleich wichtig. Für uns gilt: Der Meister ist so viel wert wie der Master.Über Exzellenzinitiativen, Begabtenförderung und internationalen Austausch setzen wir uns für die Attraktivitätssteigerung der beruflichen Bildung ein (siehe S. 19 FDP Wahlprogramm).
Wir Freie Demokraten wollen eine praxisnahe Berufsorientierung mit Azubi-Botschaftern auch an Gymnasien. Berufsorientierungsangebote und Praktika soll es in enger Kooperation mit der Wirtschaft an allen Schulformen geben. Flächendeckend wollen wir Jugendberufsagenturen ausbauen. Das Aufstiegs-BAföG soll Teilzeitfortbildungen und interdisziplinäre Bildungswege besser fördern.
Die FDP setzt sich dafür ein, die Qualitätsberatung zu sichern. Gerade vor dem Hintergrund von demografischem Wandel und Fachkräftemangel können wir uns Abbrüche in der Ausbildung nicht leisten.
Die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung ist uns ein Herzensanliegen. Daher werden wir wieder mehr Gewicht auf die Ausbildung junger Menschen als Facharbeiter und Handwerker legen, um dem Fachkräftemangel in diesen Bereichen wirksam zu begegnen.
Eine Karriere in der beruflichen Bildung muss als gleichwertige Alternative zum Studium für jeden und jede erkennbar sein. Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) hat sich als bildungspolitisches Transparenzinstrument bewährt.
Duale Studiengänge leisten einen wichtigen Beitrag bei der Verknüpfung von beruflicher und akademischer Qualifizierung. Wir wollen sie weiter ausbauen, vor allem in den Ingenieurwissenschaften, Informatik, Betriebswirtschaftslehre sowie in den Sozial- und Gesundheitswissenschaften.
Gewerbeförderung
Betriebsberatung sichern, ausbauen und vereinfachen
Digitalisierung, Innovation, Betriebsnachfolge: Mit den Betrieben steht die bewährte Betriebsberatung der Handwerkskammern vor neuen Herausforderungen.
Wie stehen Sie dazu, die geförderte Beratung bei den Kammern auszubauen?
Um mehr Unternehmensgründungen anzuregen und mittelständischen Unternehmen eine sinnvolle Nachfolgeplanung zu ermöglichen, setzen wir auf drei Kernpunkte: Organisatorische Unterstützung wie One-Stop-Agenturen für Gründer*innen, erleichterter Zugang zu Kapital durch Projektförderung sowie öffentliche Fonds für Wagniskapital und eine “Kultur der zweiten Chance”, auch im Insolvenzrecht. Existenzgründungen von Frauen und in der Fläche werden wir mit eigenen Programmen gezielt fördern. Um kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu wichtigen Informationen und Know-how zu erleichtern, setzen wir uns weiterhin für die Förderung von Beratungen, Schulungs- und Informationsveranstaltungen ein. Die Beratungsförderung wurde durch neue Richtlinien geregelt, teilweise erweitert und vereinfacht sowie auf die neuen EU-Beihilferegeln umgestellt.
Wir sehen es als unsere Verpflichtung an, Handwerksbetriebe und ihren Beschäftigten auf dem Weg hin zu einem klimaneutralen, innovativen und digitalen Wirtschaftssystem zu unterstützen und die Rahmenbedingungen für eine einfache Betriebsnachfolge zu ermöglichen. Da die Bedeutung der Digitalisierung für das Handwerk weiter zunehmen wird, setzen wir uns dafür ein, innovative und erfolgreiche Unterstützungsmaßnahmen für Handwerksunternehmen kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Wir setzen uns auf europäischer Ebene für eine ambitionierte, verbindliche Regelung in internationalen Lieferketten ein. Wir wollen die regionale Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung stärken, und so dem Betriebssterben der letzten Jahre wirkungsvoll entgegentreten.
Standortsicherung, Investitionen und Mittelstandsfinanzierung
Gute Betriebsstandorte und bezahlbares Wohnen sicherstellen
Stadtplanung ist Standortpolitik: Handwerksbetriebe können nur florieren, wenn ihre Beschäftigten und Auszubildenden in der Nähe des Arbeitsorts bezahlbaren Wohnraum finden. Und besonders in Metropolen wie Hamburg, wo steigende Flächenpreise eine gute Nutzungsmischung in den Stadtvierteln auflösen oder verhindern, muss dieser Trend über das Baurecht gestoppt werden.
Was wird Ihre Partei unternehmen, um Betriebsstandorte und Wohnmöglichkeiten für Handwerkerinnen und Handwerker zu entwickeln und zu sichern?
Durch eine Grundgesetzänderung wurden die Voraussetzungen geschaffen, damit der Bund die Länder beim Bau von neuen Sozialwohnungen unterstützen kann. Der Bund hat über 5 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau investiert. Für den Neubau von bezahlbaren Mietwohnungen gibt es die Möglichkeit einer steuerlichen Sonderabschreibung. Außerdem haben wir das Baulandmobilisierungsgesetz auf den Weg gebracht, dass den Bau neuer Wohnungen erleichtert. In angespannten Wohnlagen werden wir ein zeitlich befristetes Mietenmoratorium einführen, damit können Mieten für eine bestimmte Zeit nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden.
Junge Menschen in Ausbildung sollen durch direkte, elternunabhängige Auszahlung des neuen Kindergeldes finanziell abgesichert werden - mit einem zusätzlichen, auskömmlichen Fördersatz an BAföG obendrauf.
Ohne bezahlbare Wohnheimangebote ist für viele Auszubildende und Studierende eine erfolgreiche Ausbildung nicht möglich. Wir werden sie ausbauen und zudem das Jugendwohnen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe zukünftig für junge Menschen bis 27 Jahre ermöglichen sowie mehr Räume für Jugendarbeit schaffen.
Digitalisierung
Faire Wettbewerbsordnung in der Datenökonomie schaffen
Wertschöpfung erfolgt zunehmend datengetrieben. Digitale Plattformen spielen auch im Handwerk bereits eine Rolle. Doch schon jenseits der Plattformökonomie braucht Handwerk einen fairen Zugang zu jenen Informationen, auf denen die Geschäftsmodelle der Zukunft basieren. Die jüngste Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist ein erster Schritt gegen wettbewerbsverzerrende Datenmonopole. Ein zweiter Schritt muss nun auf EU-Ebene erfolgen, wo offene und standardisierte Schnittstellen zur Nutzung von Kundendaten auch durch Handwerksbetriebe festgelegt werden müssen.
Wofür wird sich Ihre Partei einsetzen, um dieses Ziel zu erreichen?
Wir stehen für die digitale Souveränität von Bürger*innen und Verbraucher*innen ein. Wo globale Plattformkonzerne zu Monopolisten werden, bedrohen sie digitale Vielfalt und neigen dazu, nationalstaatliche Regeln zu umgehen. Wir werden deshalb gemeinsam mit den EU-Mitgliedsstaaten eine starke und präzise Regulierung schaffen, den Wettbewerb sichern und alternative Angebote fördern. Es braucht mehr Angebote mit hoher Datensouveränität.
Es muss Alternativen zu den großen Plattformen geben – mit echten Chancen für lokale Anbieter. Nutzerdaten müssen geschützt sein und die Nutzer*innen müssen darüber bestimmen können, was mit ihren Daten geschieht.
Digitale Souveränität in Deutschland und Europa ist eine der zentralen Zukunftsmissionen der SPD.
Online-Handel und Plattformökonomie verändern den Handel dramatisch. Damit nicht nur die großen Digitalkonzerne profitieren, werden wir Plattformen für den regionalen Handel und regionale Dienstleistungen fördern.
Die Freien Demokraten setzen sich ein für eine flächendeckende Versorgung mit 5G in Deutschland. Infrastruktur ist die Basis für die Digitalisierung der Wirtschaft. Wir fordern als einzige deutsche Partei ein Ministerium für Digitalisierung, dass sich um staatliche Leistungen kümmern soll und auch die Digitalisierung des Mittelstands unterstützt. Dazu gehört eine ausreichende finanzielle Ausstattung. Die FDP fordert eine Investitionsquote von 25% des BIP, wobei ein Großteil in Zukunftsinvestitionen in der Digitalisierung fließen sollen.
Wir Freie Demokraten wollen eine wirksame Kontrolle großer Unternehmen der Digitalwirtschaft schaffen, die Zugänge zum Internet kontrollieren. Solche Gatekeeper-Unternehmen, die als Betreiber einer Suchmaschine, als soziales Netzwerk oder als dominierende Handelsplattform die Wettbewerbsbedingungen kleiner oder mittlerer Unternehmen entscheidend beeinflussen können, müssen einer speziellen Regulierung unterworfen werden.
Steuern und Finanzen
Digitalwirtschaft fair besteuern
Sozialstaat und Infrastruktur in Deutschland werden maßgeblich vom hier ansässigen produzierenden Mittelstand getragen. Neue digitale Geschäftsmodelle erweitern jedoch die Möglichkeiten, dass Unternehmen sich der hiesigen Steuerpflicht entziehen. Um eine gerechte Lastenverteilung und den Erhalt von Sozialstaat und Infrastruktur zu gewährleisten, muss auch die Digitalwirtschaft angemessen zum deutschen Steueraufkommen beitragen – wozu es internationaler Regeln bedarf.
Wie will Ihre Partei dieser Herausforderung begegnen?
Wir gehen die Ungerechtigkeiten im Steuersystem entschlossen an. Wir wollen dafür sorgen, dass Konzerne ihre Gewinne, Umsätze und Steuerzahlungen nach Ländern umfänglich öffentlich machen müssen. In der EU führen wir eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Unternehmenssteuern und einen Mindeststeuersatz von mittelfristig 25 Prozent ohne Ausnahmen ein. Wir setzen uns für eine angemessene Digitalkonzernsteuer, auch auf europäischer Ebene ein. Die Digitalwirtschaft muss endlich angemessen besteuert werden. Wir setzen uns für gute Bedingungen für Kleinbetriebe und Selbständige ein, damit sie im Wettbewerb faire Chancen erhalten. Wir setzen uns für einen europaweiten funktionierenden und fairen Wettbewerb auf digitalen Märkten ein. Um die Digitalisierung zu gestalten, müssen wir europaweit Dienstleistungen von Plattformen für alle Wirtschaftsbranchen regulieren, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Unser Steuersystem wollen wir schrittweise den Erfordernissen unserer Zeit anpassen und neu gestalten, sodass Umweltbelastung und Ressourcenverbrauch stärker besteuert und dafür beispielsweise Steuern und Abgaben auf Arbeit verringert werden, oder die Einnahmen etwa als Energiegeld zurückgegeben werden. Begünstigungen für Betriebsvermögen werden wir im verfassungsrechtlich erlaubten und wirtschaftlich gebotenen Umfang einführen. Dabei streben wir Lösungen an, die zusätzliche Anreize für Investitionen schaffen und die besondere Rolle und Verantwortung von mittelständischen und Familienunternehmen berücksichtigen. Ausführliche Details zur unseren Steuermodellen finden Sie in unserem Bundestagswahlprogramm 2021.
Unsere Wirtschaftspolitik setzt auf den Dreiklang aus einer Verringerung bürokratischer Lasten, einer innovationsfreundlichen Steuerpolitik, sowie einer breitenwirksamen Forschungslandschaft. Bürokratieabbau ist wichtig, insbesondere für Klein- und Kleinstunternehmen, die keine eigene Personalabteilung haben, in denen der Chef oder die Chefin die Abrechnung selbst macht. Mit schnelleren Planungen und Genehmigungen und einer effizienten, digitalen Verwaltung unterstützen wir KMUs bei Innovation und Transformation. Berichtspflichten sollen vereinfacht werden. Dafür ist die konsequente Anwendung und Verbesserung sogenannter KMU-Tests auf nationaler und europäischer Ebene ebenso erforderlich wie der Ausbau innovationsorientierter öffentlicher Beschaffung. Zur Entlastung und Förderung von Solo-Selbständigen und Kleinstunternehmen wird die Gewinngrenze für die Buchführungspflicht angehoben. Wir setzen uns für gute Bedingungen für Kleinbetriebe und Selbständige ein, damit sie im Wettbewerb faire Chancen erhalten.
Die Freien Demokraten setzen sich dafür ein, dass bei Digitalunternehmen grundsätzlich Gewinne und Umsätze dort zu besteuern sind, wo sie entstehen. Wegen des europäischen Binnenmarktes muss es hier eine europäische Lösung geben.
Energie, Klima, Umwelt
Grundsätzliche Technologieoffenheit sicherstellen
Handwerksbetriebe sind engagierte Umsetzer der Energie- und Klimawende, die auch neue Regeln und Rahmensetzungen braucht. Entsprechende Gesetze und Verordnungen sollten aber vor allem klima- und energiepolitische Ziele festlegen und Anreize zu ihrer Erreichung schaffen, statt einzelne Technologien staatlicherseits zu verbieten oder zur vorgeschriebenen Lösung zu machen.
Welchen Weg vertreten Sie?
Das Handwerk bietet in einer nachhaltigen Wirtschaft krisensichere Arbeitsplätze und trägt entscheidend zur ökologischen Wende bei. Es bietet jungen Menschen eine Perspektive. Gerade für sie liegen in der ökologischen Transformation riesige Chancen – von der Gebäudesanierung bis hin zum Heizungstausch. Durch Bürokratieabbau, die Unterstützung bei Nachfolgen und die gezielte Förderung der Ausbildung im Handwerk wollen wir die Rahmenbedingungen verbessern. Oberstes Ziel ist der Erhalt und die Zukunftsfähigkeit der Betriebe. Zudem wollen wir die betriebliche Mitbestimmung bei Entscheidungen über die ökologische Transformation stärken. Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte wissen gemeinsam am besten, wie die Transformation in ihrem Bereich zu gestalten ist. Das Handwerk spielt eine zentrale Rolle für eine erfolgreiche Energiewende und muss deshalb noch stärker in den laufenden Diskurs eingebunden werden.
Ausführliche Details zu unserem klima- und energiepolitischen Ziel und Rahmenbedingungen finden Sie ab Seite 14 in unserem Bundestagswahlprogramm 2021.
Die FDP erkennt die Ziele des Pariser Klimaabkommens vollumfänglich an. Wir setzen uns dafür ein den schon im Energiebereich wirksamen CO2 Zertifikatehandel auf alle Sektoren auszuweiten. Über die Steuerung der CO2 Menge wird sicher gestellt, dass die Zielsetzungen eingehalten werden. Der Weg dahin muss technologieoffen sein.
Die FDP sieht im Handwerk einen Vorreiter der Nachhaltigkeit in allen drei Dimensionen, ökologisch, ökonomisch und sozial. Deswegen ist es notwendig das Know How und die Erfahrung in Strategien der Nachhaltigkeit mit einzubeziehen.
Rechtspolitik
Rechtsetzung lebensnaher gestalten
Handwerksbetriebe werden seit Jahren mit immer mehr gesetzlichen Regelungen und Dokumentationspflichten belegt, die gerade von den Klein- und Kleinstbetrieben kaum noch zu erfüllen sind. Zudem ist oftmals auch der jeweilige Nutzen nicht nachvollziehbar. Denn die Rechtssetzung geht oft von Regelungsbedarfen und Regelungsmöglichkeiten in Industrie und Großunternehmen aus. Im besten Fall können dann zumindest Ausnahmeregelungen für handwerkliche Klein- und Kleinstbetriebe erwirkt werden. Stattdessen sollte die Rechtssetzung aber vom Kopf auf die Füße gestellt werden und sich zunächst an der Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland orientieren.
Wie wird dieses Thema in Ihrer Partei bewertet?
Wir werden Unternehmen von Bürokratiekosten in Milliardenhöhe entlasten. Der Abbau überflüssiger Bürokratie wirkt wie ein Konjunkturprogramm und stärkt den Standort Deutschland. Wir werden bspw. die Schwellenwerte für die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen erhöhen, die Ist-Versteuerung ausweiten und die Informations- und Statistikpflichten begrenzen. Wir werden auch ein bürokratiefreies Jahr nach Gründung einrichten und im zweiten Gründungsjahr bürokratische Belastungen auf ein Minimum reduzieren.
Um vor allem Mittelstand und Familienunternehmen zu entlasten, sollen Erfolgskontrolle, Praktikabilität und Erfüllungsaufwände von Gesetzen durch einen Praxis-Check – bei frühzeitiger Beteiligung der Wirtschaft – geprüft werden. Innovative und weniger stark beschränkende Regelungen sollten in begrenzten Testräumen zunächst erprobt werden können.
Die von uns eingeführte Bürokratiebremse, das „One in, one out“-Prinzip, ist erfolgreich. Danach müssen neue Bürokratiekosten, die sich auf die Wirtschaft auswirken, an anderer Stelle wieder eingespart werden. Mit der Ausweiterung zu einer „One in, two out“-Regel sorgen wir für einen Entfesselungsschub.
Soziale Sicherung
Sozialversicherungen zukunftsfähig gestalten
Damit die personalintensiven Betriebe des Handwerks wettbewerbsfähig bleiben und ihren Beschäftigten angemessene Löhne – auch in Tarifbindung – zahlen können, dürfen die Sozialbeiträge nicht weiter steigen. Altersvorsorge und Rentenversicherung müssen demografiefest gemacht werden. Zur weiteren Entlastung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Handwerk gilt es außerdem, die Kostensteigerungen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu bremsen.
Teilt Ihre Partei diese Ziele? Und wenn ja, wie sollen sie erreicht werden?
Sozialpartnerschaft, Tarifverträge und Mitbestimmung sind Eckpfeiler der sozialen Marktwirtschaft. Da, wo sie gelten, sorgen sie meistens für anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Wir wollen, dass Tarifverträge und starke Mitbestimmung wieder für mehr anstatt für immer weniger Beschäftigte und Betriebe gelten. Bei der öffentlichen Vergabe sollen im Einklang mit europäischem Recht die Unternehmen zum Zug kommen, die tarifgebunden sind oder mindestens Tariflöhne zahlen. Dafür setzen wir auf ein Bundestariftreuegesetz. Zudem wollen wir es leichter machen, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, damit sie für alle in einer Branche gelten. Tarifflucht darf sich für Unternehmen nicht lohnen.
Aktuell beschäftigen wir uns mit dem Fälligkeitsdatum der sozialversicherungsbeiträge und daher bitten wir Sie um etwas Geduld betreffend der Beantwortung dieser Frage.
Die Abgabenqoute soll wieder auf 40% gesenkt werden.
In der Rentenversicherung setzen wir uns dafür ein im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung 2% der Beiträge in einen chancenorientierten staatlichen Fond (nach Schweizer oder Norwegischem Vorbild) anzusparen.
Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Hamburger Parteien zum Handwerk
Die Handwerkskammer hat die Hamburger Spitzenkandidaten der Parteien nach ihrer Sichtweise des Handwerks gefragt und welche Themen sie als besonders wichtig ansehen.
Aydan Özoğuz (SPD)
Unterstützung von Ausbildungskonzepten
"Ich schätze die Handwerkskammer seit vielen Jahren als verlässlichen Partner, vor allem bei der Ausbildung junger Menschen. Ich unterstütze das Handwerk im Bemühen, mit neuen Ausbildungskonzepten dem Fachkräftemangel zu begegnen und berufliche Ausbildung praxisnah mit Schule und Hochschule zu verknüpfen. Darüber hinaus auch die Abschaffung von Gebühren für Techniker:innen- und Meister:innenkurse sowie den Einsatz für eine Tarifbindung.
Das Handwerk spielt auch bei den Anpassungen an den Klimawandel eine wichtige Rolle. Gebäude und Infrastruktur müssen baulich verbessert werden und das Handwerk geht selbst mit innovativen Produkten und klimafreundlichen Produktionsstandards voran."
Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen)
Bürokratie muss überschaubar bleiben
"Aus einer Bäcker-Handwerks-Großfamilie stammend habe ich einen ganz persönlichen Bezug zum Handwerk. Drei politische Aspekte sind mir besonders wichtig: Erstens müssen bürokratische Anforderungen überschaubar bleiben oder reduziert werden, damit sich Handwerksbetriebe auf ihre Kerntätigkeit konzentrieren können. Zweitens müssen wir Handwerksberufe und –ausbildungen insgesamt wieder attraktiver machen – finanziell und im Ansehen, denn nur mit Handwerk funktioniert unser Leben gut. Und drittens brauchen wir eine Handwerks-Offensive für die Umsetzung der dringend notwendigen Investitionen in Straßen, Schulen, Ladesäulen und Gebäude. U.a. dafür möchte ich mich in Berlin stark machen."
Christoph Ploß (CDU)
Fachkräfte sichern
"Im Deutschen Bundestag möchte ich mich dafür einsetzen, dass qualifizierte Fachkräfte zielgenauer und unbürokratischer nach Deutschland kommen können, etwa durch eine schnellere Ausstellung des Arbeitsvisums oder indem wir Anerkennungsverfahren vereinfachen. Die Flüchtlinge, die von Handwerksbetrieben als Arbeitskräfte ausgebildet wurden und gut integriert sind, sollen hier bleiben dürfen. Außerdem kämpfe ich für den Abbau von Bürokratie und dafür, dass der Mittelstand keine weiteren steuerlichen Belastungen erfährt, sondern entlastet wird. Durch eine Senkung der Stromsteuer möchte ich auch erreichen, dass die Energie, die für viele Handwerksbetriebe einen großen Kostenfaktor darstellt, günstiger wird."
Zaklin Nastic (DIE LINKE)
Betriebsübergänge erleichtern
"Gute Ausbildung und attraktive Bedingungen sind Voraussetzung, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Wir müssen die Tarifbindung erhöhen und breit durchsetzen. Es kann nicht sein, dass Beschäftigte im Handwerk bei gleicher Tätigkeit im Schnitt 20% weniger verdienen als in der Industrie. In der Handwerksausbildung braucht es eine höhere Vergütung sowie mehr öffentliche Mittel. Die Meisterausbildung muss kostenfrei sein. Steuer- und Abgabenentlastung für das Handwerk gibt es nur, wenn wir die oberen Vermögen und Einkommen stärker zur Kasse bitten und mehr Aufträge vor Ort gibt es durch eine längst überfällige öffentliche Investitionsoffensive (120 Mrd. Euro p.a.) in unsere Infrastruktur."
Michael Kruse (FDP)
Einwanderungskonzept für Fachkräfte
"Das Handwerk braucht gute Rahmenbedingungen. Ich möchte dafür sorgen, dass Betriebsübergänge erleichtert werden, wir die Nachfolgeproblematik lösen und mit einem Einwanderungskonzept für genügend Fachkräfte sorgen. Als Bauherr weiß ich: Wir brauchen eine Fachkräftestrategie. Damit kleine Handwerksbetriebe den Sprung in die digitalisierte Welt gut meistern, möchte ich einen Digitalfonds einführen und so Freiraum für Weiterbildung schaffen. Betriebe im Baubereich sollten über ressourcenschonende Verfahren und Materialien informiert werden, damit wir den Klimawandel meistern. Deutschland braucht eine Rohstoffstrategie, damit auch in Zeiten knapper Rohstoffe der Baubereich optimal versorgt ist."
Dr. Bernd Baumann (AfD)
Handwerk steht für Wertarbeit
"Die AfD sieht sich den über 5 Mio. Beschäftigten in deutschen Handwerksbetrieben in besonderer Weise verpflichtet. Handwerk hat in Deutschland eine lange Tradition und steht weltweit für deutsche Wertarbeit. Die Abschaffung der Meisterpflicht durch die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2004 hat zu erheblichen Qualitätsverlusten und wirtschaftlichen Nachteilen für das deutsche Handwerk geführt. Bereits im Dezember 2018 haben wir im Bundestag deshalb die Wiedereinführung der Meisterpflicht gefordert (Drucksache 19/4633). Auch wenn alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien unseren Antrag abgelehnt haben, werden wir uns weiterhin für den Schutz der deutschen Handwerksbetriebe einsetzen."