Hamburg ; Jahresschlussversammlung Handwerkskammer
Michael Zapf
Jahresschlussversammlung 2022

29.12.2022Stadt braucht Handwerk für den Aufschwung

Kammerpräsident Hjalmar Stemmann appellierte bei der Jahresschlussversammlung 2022 an die Politik, ihren Blick für den Erhalt mittelständischer Strukturen zu schärfen, solange es noch nicht zu spät sei. Das Handwerk spiele eine wesentliche Rolle als Treiber des Aufschwungs, sobald es wieder bergauf gehe – gesetzt den Fall, mit dem Handwerk selbst gehe es vorher nicht zu weit bergab.

Hamburg, 29. Dezember 2022 – In seiner Rede bei der diesjährigen traditionellen Jahresschlussversammlung der Hamburger Handwerkskammer erinnert Kammerpräsident Hjalmar Stemmann die rund 170 anwesenden Gäste aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Verwaltung an die bedeutenden Vitalfunktionen des handwerklichen Mittelstands für eine stabile Hansestadt – in Krisen- und Wendezeiten ganz besonders: „Handwerkliche Strukturen sind wichtiger Bestandteil der großen wirtschaftlichen Vielfalt Hamburgs. Handwerk gleicht Krise um Krise Klumpenrisiken für den Standort aus und schafft eine gesunde Basis.“

Im Vergleich zu anderen Branchen ist das Handwerk weniger anfällig für globale Krisen. Sein Beitrag als Mitstreiter bei der Energie- und Klimawende, der Mobilitätswende und der Bildungswende ist unbestritten. Die Aus- und Weiterbildungsbereitschaft in den Handwerksbetrieben ist groß: „Das Handwerk ist unverzichtbarer Träger der Transformation. Und es wird zum maßgeblichen Treiber des Aufschwungs, wenn es wieder bergauf geht – vorausgesetzt, dass es mit ihm selbst vorher nicht zu weit bergab geht“, resümiert Stemmann.

Denn, trotz voller Auftragsbücher in vielen Gewerken, ist auch das Handwerk angezählt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer leiden unter hohen Energiekosten und der enormen Inflation. Lieferengpässe und Materialknappheit verschärfen die Lage. Nicht zuletzt bereiten die trüben Perspektiven für die volkswirtschaftlich entscheidende Baukonjunktur Sorgen. Darüber hinaus stehen die Betriebe vor einer demografischen Umwälzung, was den ohnehin hohen Fachkräftebedarf weiter befeuert – Nachfolger werden händeringend gesucht, zugleich gehen viele Leistungs- und Kompetenzträger in den Belegschaften in den Ruhestand. Zusammen mit den Einbußen aus zwei Coronajahren und nun der Energiekrise bringt das viele Inhaberinnen und Inhaber an den Rand des Aufgebens. Und damit die Stadt selbst in erhebliche Schwierigkeiten.

Denn, um nur einige Beispiele zu nennen:

  • Ohne leistungsfähiges Klimahandwerk gelingen die zügige Umrüstung auf erneuerbare Energien und E-Mobilität sowie zügig voranschreitende energetische Gebäudesanierungen nicht.
  • Ohne die zahlreichen kleinen und mittleren Betriebe im Gesundheitshandwerk in unserer Stadt wird künftig eine immer älter werdende Bevölkerung nicht mehr wohnortnah und sicher versorgt.
  • Ohne unser Lebensmittelhandwerk in den Quartieren kann die Versorgung unserer Bevölkerung mit regionalen und nachhaltigen Nahrungsmitteln nicht gewährleistet werden. Ohne Handwerk in den Quartieren auch keine 15-Minuten-Stadt.

Stemmann: „Handwerk ist unverzichtbar! Deshalb müssen wir gerade jetzt alles tun, was in unserer Macht steht, um eine weitere Talfahrt im Hamburger Handwerk zu verhindern. Das Risiko ist real. Doch zugleich sehe ich die Chance, dass es uns gerade unter dem Druck der Krise gelingt, Partikularinteressen zusammenzuführen und so die Herausforderungen dieser Zeit gemeinsam zu meistern. Diese Chance dürfen wir nicht verspielen.“

Aktuell:

Wenn der Senat die Härtefallhilfen des Bundes für energieintensive kleine und mittlere Betriebe nicht schnell und zielgruppengerecht konkretisiert und die Auszahlungen nicht spätestens im 1. Quartal auf den Weg gebracht werden, ist die Existenz von rund 2300 besonders stark betroffenen Handwerksbetrieben gefährdet. Niedersachsen habe bereits kurzfristig einen eigenen Härtefallfonds aufgesetzt, so Stemmann. Hamburg müsse dringend nachziehen.

Der Kammerpräsident fordert die anwesenden Hamburger Spitzenpolitiker dazu auf, alles auf den Weg zu bringen, was kleine und mittlere Betriebe stabilisiere sowie mittelständische Wirtschaftsstrukturen stärke. Er warnt vor einem „Moorburg-Effekt“ im Hamburger Handwerk. Denn, so der Präsident, auch für das Hamburger Handwerk gelte, angelehnt an den Rückbau des modernen und leistungsfähigen Kohlekraftwerks Moorburg: „Einmal runtergefahren und abgewrackt – Ende Gelände. Kleine und mittlere Betriebe, die in der Krise verlorengehen, sind unwiederbringlich verloren. Ein Wieder-Aufmachen nach drei Monaten Schließung wird nicht funktionieren.“

Das Hamburger Handwerk fordert:

  • eine Bildungs- und Qualifizierungspolitik, die für ausreichenden Fachkräftenachwuchs sorgt.
  • verständliche und einfache Regeln, statt sich im Dickicht vielfältiger und nicht immer nachvollziehbarer gesetzlicher und behördlicher Vorgaben einen Weg bahnen zu müssen.
  • gute regionale Standortbedingungen in Bezug auf Flächen, Verkehrssituation, Parkraum und lokale Wirtschaftsförderung.